Deleted Scenes

9. Kapitel: Frafa in den Katakomben

Lange Zeit wandert Frafa in den Tunneln von Leuchmadans Hort, bevor sie überhaupt etwas findet. Ursprünglich war es sogar noch länger, und es wurde schrittweise hergeleitet, wie sie nach und nach die Struktur der Gänge entschlüsselt.
  Der folgende Abschnitt ist eher ein “Directors Uncut” als eine “Deleted Scene” - tatsächlich gibt es keine lange Passage, die ich an dieser Stelle herausgekürzt habe und hier präsentieren kann. Ich habe im Buch die komplette Szene gekürzt, indem ich mal hier, mal dort längere und kürzere Schnippsel herausgenommen habe. Würde ich nur die gelöschten Stellen hier präsentieren, wäre das nur ein unverständlicher Flickenteppich.
  Also der “Directors Uncut” - das bedeutet, man kann hier eine längere Version der Szene lesen, wie sie ursprünglich gewesen ist, den Text, der noch immer im Buch steht, mitsamt der gelöschten Stellen. Also einfach eine längere Version dessen, was sich im Roman noch immer findet.

next07Manche der Gänge waren runde Röhren, wie von mechanischen Tunnelbohrern ausgeschnitten. Aber selbst dort konnte Frafa nicht gewiss sein, ob sie nicht auf alten Pfaden wandelte, denn natürlich mochte es sein, dass die Tunnelbohrer die Wege nicht neu erschaffen, sondern Bestehendes erweitert hatten.
  Fast war es so, als lägen die Förder- und Experimentierstätten späterer Tage wie ein Tarnmantel über den alten Höhlen, damit der Ort von Leuchmadans Wirken verborgen blieb. Womöglich hatte Aldungan diesen Platz tatsächlich deswegen umgestalten lassen, damit keiner seiner Rivalen sich dort noch orientieren konnte und jene geheimen Orte aufspüren, die wirklich von Bedeutung waren!
  Frafa wanderte durch die gelblich erleuchteten Gänge, sie meditierte, wenn sie Erholung brauchte, und nährte sich von der Macht des Äthers, die an diesem Ort ungewöhnlich heftig pulsierte. Sie versuchte, sich die Kreuzungen einzuprägen, ein Schema zu entwickeln, um das Tunnelnetz systematisch abzusuchen.
  Bisher war sie weder auf magische Fallen oder Hindernisse gestoßen, noch auf bedrohliche Geschöpfe irgendeiner Art. Leuchmadans Hort war entrückt und nicht zu durchschauen, aber tatsächlich leer, derselben Vergessenheit anheimgefallen wie schon in der Zeit nach Leuchmadans erster Verbannung, bevor das Herz des alten Herrschers der Finstervölker hier vernichtet worden war und Daugazburg sich erneut an die Quelle des Blutes erinnert hatte.
  Manchenorts passierte Frafa gewaltige Röhren, die quer durch den Berg nach unten führten. Alt waren sie alle, aber während einige intakt wirkten, mit Resten einer Isolierung, einem betonverkleideten Kern und vermutlich noch weiteren schützenden Schichten, waren andere aus einfachem Stahl, von blätterndem Rost verkrustet und löchrig wie Fischreusen. Manche Löcher waren so groß, dass Frafa hätte hindurchkriechen können, bis in einen Innenraum, der breit und glatt wie ein Brunnenschacht in die Tiefe ging. Aber sie glaubte nicht, dass diese Schächte irgendwohin führten, außer hinab zum giftig brodelnden Blut der Erde, und sie hielt Abstand.
  Magie nagte ständig am Rande ihrer Wahrnehmung, ein machtvolles Pulsieren, vor dem sie sich anfangs ängstlich verschloss. Wenn sie ihre Aura zu weit ausgreifen ließ, so fürchtete sie, würde die rohe Macht an diesem Ort sie in Stücke reißen.
  Je länger sie durch die Gänge von Leuchmadans Hort streifte, umso mehr öffnete sie sich. Zögernd erst, dann neugierig. Die Magie unter ihren Füßen erinnerte sie an etwas ... an das Kästchen Leuchmadans, das sie einst eine Weile gehütet hatte. Die Kraft des Kästchens hatte getobt wie ein brodelnder, aufgestauter Ozean; die Macht an diesem Ort war ruhiger, geordneter, wenngleich unermesslich groß und unzweifelhaft lebendig.
  Sie fühlte sich davon angezogen und abgestoßen zugleich. Es war Leben, aber es lag etwas Fremdes darin, etwas, das sie einlud, in eine Umarmung zog, von der Frafa aber spürte, dass es sie verändern würde.
  Immer mehr versank sie in die magische Natur dieses Ortes, und während ihr Leib ziellos durch die Hallen wanderte, während ihre Insektenschar sich zerstreute, sank ihr Geist tief hinab unter den Fels, zum Blut der Erde, und folgte den magischen Strömen.
  Kein wilder Ozean - mehr ein gleichmäßiges Pochen, ein Pulsieren, als wäre die Erde wahrhaft ein riesiges Lebewesen und die Flüssigkeit unter ihren Füßen wahrhaftig Blut, das durch Adern floss. Frafa bemerkte Strukturen darin, sie sah die Kraftlinien im Blut der Erde.
  Und eines Tages, sie mochte fünf Tage gewandert sein oder eine Woche, da verstand sie. Die Muster ergaben einen Sinn, und Frafa erkannte Flüsse und Wirbel und wusste, wie das Blut der Erde den Stein erfüllte, welchen Weg es nahm. Wie es an einem Punkt besonders hoch emporstieg, wie sich dort alle Kraftlinien vereinten und wahrhaft ein Herz bildeten.

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