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15. Kapitel: Das Blut im Osten

Gerade haben die Elfen erfahren, dass das Blut der Erde auch unter den Goblinsteppen fließt. Barsemias und Frafa reden darüber, und zunächst war ihr Gespräch noch länger, detailreicher und nicht so zielgerichtet wie nun. Anbei präsentiere ich es in voller Länge als “Directors Uncut”.

next07»Hm«, sagte Frafa. »Aber das klingt doch nach einem Ausweg für Euch. Weswegen wirkst du dann so bedrückt?«
  »Ein Ausweg, ja«, sagte Barsemias. »Doch zugleich ist es beunruhigend. Jahrtausendelang war Leuchmadans Blut in den Grauen Landen eingeschlossen, von Leuchmadans Zinnen gehalten wie von einem Damm. Als dieser Schutzkreis am Scherbenpass brach, war das ein großes Unglück. Leuchmadans Blut, floss nach Westen und dann in den Norden bis über unsere Grenzen. Aber wie kommt es in den Osten?«
  Barsemias schaute sich zu den plappernden Gnomen um und beugte sich dichter zu Frafa. »Verstehst du?«, flüsterte er. »Es ist nicht im Norden um die Berge herumgeflossen. Dann hätte es unmöglich so weit kommen können. Und es ist überall, entlang des Firnbachtals bis hinein in die Südlande. Wie ist das Gift dorthingelangt?«
  »Es mag andere Lücken geben, unentdeckt und kleiner als am Scherbenpass.«
  »Das kann sein, aber wie wahrscheinlich ist es?«, fragte Barsemias. »Seit unvorstellbar langer Zeit saß Leuchmadans Gift in den Grauen Landen fest, und plötzlich ist es überall! Ein seltsamer Zufall, den man kaum auf natürliche Weise erklären kann. Viele von uns glauben, dass Menschen und Finstervölker dem Blut einen Weg gebahnt haben - im Osten ebenso wie am Scherbenpass.«
  »Ich weiß davon nichts«, sagte Frafa.
  »Und doch wäre es leicht möglich«, erwiderte Barsemias. »Vor tausend Jahren wäre es undenkbar gewesen, denn das Gift fließt zu tief unter dem Boden. Aber heute kann man danach bohren, es fördern. Die Union unterhält Minen und Steinölkompanien und Prospektionen auf der ganzen Welt. Was ist, wenn die Union sich nur dem Schein nach verpflichtet hat, Leuchmadans Blut zu bekämpfen, während sie in Wahrheit nicht nur tatenlos zusieht, sondern es sogar überall verbreitet und mit Absicht in den Boden injiziert?«
  »... und das ganze Land mit Thaumagel unterhöhlt, zum Einsturz bringt und Wassermenschen darauf ansiedelt«, murmelte Frafa.
  »Was?«, fragte Barsemias.
  »Ach, nichts. Nur eine verrückte Theorie, die dieser Wichtel aus dem Äthernetz gefischt hat. Aber es klingt wenig glaubwürdig. Zugegeben, die Union hat gute Gründe, warum sie den Kampf gegen das Blut der Erde nur halbherzig führt. Wo diese Substanz unter dem Boden steckt, liefert Thaumatek billige Energie. Während andere Staaten mühsam Steinöl fördern oder Kohle ausgraben müssen, liefert das Thaumagel uns dieselbe Wirkung fast umsonst. Es ist das Fundament von Macht und Reichtum der Union. Welchen Grund sollte es geben, diesen Vorteil mit anderen Ländern zu teilen?«
  »Diese Frage musst du wohl demjenigen stellen, der dafür verantwortlich ist. Wir wissen, dass die Union von Leuchmadans Blut profitiert, während dieselbe Substanz gleichzeitig ihr Land vergiftet und alles Leben verändert. Eine unheilige Allianz ist das, aber sie passt zur Gier der Menschen. Doch wer hätte sowohl die Möglichkeit wie auch Profit davon, denselben unheiligen Zwiespalt auch in anderen Gebieten der Erde zu säen? Manche glauben, dass eine grundlose Bosheit dahintersteckt, die sich daran erfreut, wie die Menschen sich selbst vergiften und dasjenige hegen, was sie zerstört. Dass diese Substanz wegen des Schadens verbreitet wird, den sie anrichtet - moralisch und auch an der lebenden Substanz.«
  »Ihr glaubt an Leuchmadan. Den alten ›Herrn der Finsternis‹?« Frafa wusste nicht, was sie von diesem Gedanken halten sollte. Es war ein alter Gedanke, aus einer Zeit voller Kriege, die mit fanatischem Hass geführt wurden. Es gefiel ihr nicht, wohin diese Idee führte. Dennoch war dieser Name ihr in letzter Zeit entschieden zu häufig begegnet. Die Gerüchte um Aldungans Verbindung mit Leuchmadan; Leuchmadans Geschöpfe, die Dämonen ...
  Trotzdem fiel es ihr schwer, an eine nicht greifbare Macht zu glauben, die nichts Besseres zu tun hatte, als den Gegenspieler zu einem imaginären Lichtgott zu geben und ziellos Böses zu tun.
  Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Ich glaube nicht«, sagte sie, »das mystische Betrachtungen und die Flucht in alte Religionen uns weiterhelfen.«
  »Elfen haben die Religion immer etwas weniger gegenständlich verstanden als Menschen ... und Finstervölker. Wir haben Lucan verehrt, doch als Prinzip, nicht als Person. Als das Prinzip der Sonne, die dem Boden Leben spendet. Religiöse Verkörperungen drücken Prinzipien aus, und als solche womöglich doch die Wahrheit.«
   »Das Blut der Erde ist kein Prinzip«, sagte Frafa. »Es ist greifbar. Genau wie der Krieg, der euch droht. Was für ein lenkendes Prinzip willst du hinter all dem erkennen? Du solltest dein Herz nicht mit alten Schrecken erfüllen, wo es genug anzupacken gibt.«
  »Weißt du ...« Barsemias zögerte einen Augenblick. »Es ist nicht das, was mich bedrückt. Es ist eher ... Nun, ist es dir schon mal so ergangen, dass du eine kurze Reise getan hast, und bei deiner Rückkehr fandest du plötzlich alles verändert?«
  »Oh ja«, antworte Frafa inbrünstig. »Das Gefühl kenne ich.«

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