Deleted Scenes

4. Kapitel: Gulbert und Ciriador

Zum Ende des vierten Kapitels gibt es eine Szene, in der sich Gulbert mit seinem Leibdiener Ciriador unterhält. Ich hatte solche Passagen eingeführt, damit der Leser auch ein wenig Suspense aus Sicht der “Bösen” erfährt; wobei Ciriador dafür sorgen soll, dass ich nicht Gulberts Perspektive und Innensicht direkt verraten muss.
  Diese Gespräche zwischen Gulbert und Ciriador sind lang und schwatzhaft, wie Gulbert nun einmal ist. Womöglich so länger und schwatzhafter, als ich es dem Leser zumuten wollte. Darum habe ich am Ende auch etwa die Hälfte aus dem Geplauder herausgekürzt ... und es hier in die Deleted Scenes gepackt:

next07 »Ich schätze deine Zurückhaltung. Wie lange stehst du in meinen Diensten?«
  Ciriador wusste die Antwort, ohne nachzurechnen. »Achtundreißig Jahre und sechs Monate. Seit über siebzehn Jahren habe ich die Ehre, als Ihr persönlicher Diener zu arbeiten.«
  Gulbert nickte. »Und in dieser Zeit gab es kaum ein Geheimnis, das wir nicht miteinander geteilt haben. Du bist mein engster Vertrauter - und doch, wenn es denn gelegentlich mal eine Besprechung gibt, bei der ich dich nicht an meiner Seite haben möchte, hast du nie deswegen auch nur eine Frage gestellt.«
  Ciriador wurde ein wenig mutiger. Er kannte die leutselige Art seines Herrn und wusste, dass es gefährlich sein konnte, darauf zu vertrauen. Andererseits schätzte Gulbert es ebenso wenig, wenn Ciriador der scheinbaren Offenheit allzu reserviert begegnete. »Die meisten dieser geheimen Unterredungen fanden mit Aldungan statt«, sagte er. »Man kann verstehen, wenn Ihr solche Treffen so vertraulich wie möglich halten wollt.«
  »Du weißt nichts darüber und kannst es doch verstehen«, sagte Gulbert. »Ich fürchte leider, deine vorausschauende Diskretion wird nicht von jedem geteilt.
  ...
»Fürwahr, das sollte er! Aber wie ich schon sagte: Aldungan ist unter Nachtalben aufgestiegen. Vierzig Jahre sind eine lange Zeit für uns Menschen, und ich hoffe, deine Dienste bleiben mir noch lange erhalten. Diese Frafa allerdings dient Aldungan schon seit einem Jahrtausend. Da entsteht eine Vertraulichkeit, die durchaus schädlich sein kann.«
  ...
Gulbert seufzte und sprach weiter: »Aldungan vertraut seiner Sekretärin. Sie habe ja kaum etwas gehört, was uns schaden könne, meint er, und selbst wenn, so wäre sie ihm treu und es würde kein Schaden daraus entstehen ...
  ...
Gulbert lächelte. »Siehst du, mein Freund! Aldungan irrt, wenn er denkt, er könne nicht jederzeit einen Ersatz für Frafa finden - einen Ersatz, der es an Treue mit dieser alten und allzu eigenständigen Nachtalbe aufnehmen kann. Was sie belauscht hat, mag uns gefährlich werden oder nicht - würde Aldungan einen neuen Vertrauten wählen, der gar nichts gehört hat, wüssten wir mit Sicherheit, dass uns kein Nachteil daraus entsteht.«
  »Das habt Ihr Aldungan auch gesagt?«
  »So in etwa.« Gulbert strich sich den Bart. Geistesabwesend blickte er zum Seitenfenster hinaus. Der Fahrer stand bereits neben dem Wagen und wartete darauf, dass Gulbert die Türverriegelung aufhob. »Aldungan weiß es auch selbst. Dennoch wird er nichts unternehmen, und da diese Gefahr uns beide betrifft, werde ich die Initiative nicht allein ihm überlassen.«
  ...
Ciriador empfand ein Frösteln bei diesen Worten und senkte den Blick. Es war nicht das erste Mal, dass sein Herr derartige Themen ansprach, und doch empfand er heute ein besonderes Unbehagen dabei. Womöglich lag es daran, dass Gulbert so offen die Gemeinsamkeit zwischen ihm und Aldungan herausgestellt hatte - und die Gemeinsamkeiten zwischen der Nachtalbe Frafa und Ciriadors eigener Position an Gulberts Seite. Wenn Gulbert etwas gegen Frafa unternahm - mochte das bedeuten, dass Aldungans Antwort ihn, Ciriador treffen würde?
  Aber andererseits, die Welt funktionierte nicht so. Jederzeit konnte alles geschehen, und das Denken in Spiegelbildern und Symmetrien war bloßer Aberglaube. Die Art wie Zauberer dachten.
  Zauberer wie Gulbert und Aldungan.
  Ciriador bekam das klamme Gefühl nicht aus seinen Knochen.
  Gulbert plauderte weiter, als bemerkte er das Unbehagen seines Dieners überhaupt nicht ...

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