Deleted Scenes

1. Kapitel: Die Bahnfahrt

Hier ist sie nun - die erste Deleted Scene. Genau genommen keine Szene, sondern eine kleine und eine etwas längere Passage aus dem ersten Kapitel. In erster Linie sind es Frafas Gedanken, die ich hier (und auch anderswo im Text) gekürzt habe. Frafa denkt ohnehin zu viel, und manchmal ist es nicht so wichtig, ganz genau zu wissen, warum Frafa etwas tut und was sie dabei empfindet - vieles erklärt sich, hoffentlich, im Laufe des Buches von selbst.
  Wer es allerdings doch etwas genauer wissen möchte, der wird in den Deleted Scenes einige Hintergründe finden, zu Frafa und später auch zu anderen Figuren und zur Welt. Denn, wie gesagt: Stellen, an denen nichts passiert, an denen die Figuren nur sinnieren und empfinden und Erklärungen geliefert werden, die habe ich besonders gern gelöscht, um das Tempo im Buch etwas anzuziehen. Aber steigen wir mal kurz vom Express- in den Bummelzug um ...

next07... der Band lag nun schon seit Stunden aufgeschlagen auf ihrem Schoß. Entweder kamen ihr die Worte, die Bilder und Themen darin allzu vertraut vor, wie zu oft gesehen, oder, wenn etwas neu war, wirkte es bemüht. Frafa wusste selbst nicht genau, welche dieser beiden Empfindungen ihr letztlich die Lust am Lesen genommen hatte.
  ...
War ihr Platz bei den Völkern, die sie jahrhundertelang regiert hatte, oder bei jenen, die an der Spitze eines Volkes standen?
Frafa blickte zurück zur Tür ihres Abteils. Ihr Gepäck hatte sie aufgegeben, aber eine kleine Aktentasche mit Papieren lag noch neben ihrem Platz, die Aufzeichnungen von den Kongressen und politischen Veranstaltungen, die sie während der letzten Wochen besuchte hatte, die Ergebnisse ihrer Treffen mit Interessenvertretern in Opponua, dazu Missive von Aldungans Parteigängern in Bitan an Gewährsleute in Daugazburg. Aldungan wäre außer sich, wenn diese Unterlagen in die falschen Hände gerieten.
  Aber so unhöflich dieser Mensch auch gewesen war, Frafa glaubte nicht, dass er ihr Gepäck stehlen würde. So wie sie diesen Landaufkäufer einschätzte, würde er sich vermutlich eher die Hand abhacken, als ihre Sachen zu berühren.
  Sie lächelte flüchtig.
  Vielleicht sollte sie den Speisewagen aufsuchen. Aber es war Mittag, und nichts reizte sie bei dem Gedanken, tagsüber zu essen. Stattdessen wanderte sie auf dem Gang auf und ab. Die meisten Abteile im Wagen Erster Klasse standen leer. Das machte die Auseinandersetzung mit dem Bitaner in ihrem Abteil umso sinnloser. Hätte er sich nicht einfach ein anderes Abteil suchen können, wenn er nicht gern mit einer Nachtalbe reiste?
  Die Schalterbeamten pflegten Reservierungen so zu vergeben, dass sie einzelne Abteile auffüllten, während andere leer blieben. Frafa verstand nicht, warum sie die Reisenden nicht einfach gleichmäßig über die Coupés verteilten. Und ein so besitzergreifender Charakter wie dieser Bitaner würde niemals einen Platz aufgeben, auf den er Anspruch zu haben glaubte.
  Frafa erwog, sich selbst in eines der leeren Abteile zu setzen, konnte sich aber nicht dazu entschließen. Wenn sie mit einem anderen Platz vorliebnahm, kam das dann nicht einem Eingeständnis gleich, dass dieser Bitaner sie vertrieben hatte?
  Frafa blieb auf dem Gang, während der Zug durch die weite Ebene auf Daugazburg zuraste.

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