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next0524. Kapitel: Darnamur bei Gulbert

Noch ein berühmter Schwätzer in der Welt der Finstervölker ist ohne Zweifel Gulbert der Zauberer, mit seiner Vorliebe für Monologe, in denen er zeigen kann, wie schlau er ist. So auch, als Darnamur bei ihm auftaucht, um ihn zu ermorden. Wie er Darnamur mit Worten einwickelt, findet man im Buch ... allerdings hat Gulbert doch gar zu viel geschwätzt, und ich habe das ein wenig gekürzt. Hier also die fehlenden Passagen:

Darnamur erstarrte. Er hob den Dolch, aber er stand viel zu weit von dem Zauberer entfernt. Gulbert musste den nächsten Zauber schon vorbereitet haben, sonst hätte er nicht so spektakulär auf sich aufmerksam gemacht, indem er seinen Angreifer groß werden ließ. Darnamur konnte ihn unmöglich schnell genug erreichen.
  ...
  »Sagen wir, ich habe mich darauf verlassen.« Gulbert grinste breit. Er lehnte sich etwas zurück und sah nicht aus wie jemand, auf den soeben ein Attentat verübt werden sollte. »Daugazburg wird von Gnomen beherrscht, und Gnome sind Meuchelmörder. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis einer in meinem Zelt auftaucht. Natürlich wusste ich nicht, dass du es sein würdest. Nun, lass es dir nicht zu Kopfe steigen, wenn du mich nun ein zweites Mal erstichst. Das wird nicht immer so weitergehen.«
  Darnamur brauchte eine Weile, bis die Bedeutung dieser Worte einsickerte. Dann packte er seine Waffe wieder fester. »Ihr haltet mich nicht auf?«
  Gulbert schüttelte den Kopf. »Ich gebe zu, die Versuchung ist groß. Wärest du mir vor zwölf Jahren nicht in die Quere gekommen, säße ich längst schon auf einem Thron. Aber ich werde meine langfristigen Pläne nicht für eine kleinliche Rache opfern ... Immerhin liegt eine gewisse Ironie darin, wenn du mir nun mit derselben Tat helfen wirst, mit der du beim letzten Mal meine Bemühungen vereitelt hast.«
  Gulbert tastete auf dem Nachttisch nach seiner Pfeife, dann zog er die Hand zurück. »Diese Gewohnheiten ...«
  ...
  »Zumindest seid Ihr eine Zeitlang aus dem Verkehr gezogen.« Darnamur trat grimmig näher. »Ich glaube, das reicht mir.« Der Zauberer umwob ihn mit Worten. Er war schon immer ein arger Schwätzer gewesen. Aber Darnamur würde sich davon nicht verwirren lassen. Er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren.
  »Nicht so lange wie beim letzten Mal.« Gulbert plauderte munter weiter. »Ich bin vorbereitet. Ich werde rechtzeitig in Bitan sein, wenn die Überreste des geschlagenen Feldzugs zurückkehren. Ach, wie bestürzt die Menschen sein werden! Die Finstervölker haben ihre Fürsten erschlagen, ihre Armeen zerstreut. Alle werden sich fürchten. Und dann ... werde ich da sein! Der Retter, die letzte Hoffnung, der Vorsitzende einer plötzlich wieder bedeutsamen Allianz. Menschen, Elfen und Zwerge werden um meine Führung betteln und mich zu ihrem Hochkönig ernennen!
  Ich habe Leuchmadans Truhe und die Grauen Lande nicht bekommen. Noch nicht. Aber dafür beherrsche ich bald den Rest der Welt, und dann, wenn die Zeiten günstiger sind, kehre ich hierhin zurück.«
  »Ihr seid ja sehr von Euch überzeugt«, sagte Darnamur. Er stand direkt vor dem Bett. Ein Stoß, und es wäre um Gulbert geschehen ... zumindest vorübergehend. Warum zögerte er? Womöglich wollte der Zauberer mit seinem Geschwätz nur Zeit gewinnen. »Wenn Ihr den Feldzug nicht wolltet, warum seid ihr dann überhaupt mitgekommen? Warum wartet Ihr auf einen Gnom, um Euch zu entfernen?«
  Gulbert hob eine Augenbraue. »Ich bitte dich, was für einen Eindruck würde das machen: Der Führer des Freien Rats lässt die Menschen beim Feldzug in die Grauen Lande im Stich! Ich kann es mir gar nicht erlauben, nicht hier zu sein oder freiwillig abzureisen. Wenn ich allerdings ermordet werde ... Das ist eine andere Sache. Ich hätte alles für das Bündnis gegeben. Und es lässt euch umso gefährlicher erscheinen.«
  »Verlasst Ihr Euch so sehr darauf, dass der Feldzug scheitert, nur weil Ihr nicht mehr dabei seid?«
  Darnamur hatte selbst darauf gehofft. Deshalb war er hier. Aber die Selbstgefälligkeit des Zauberers ärgerte ihn maßlos. Hatte ihn immer schon geärgert, schon als Gulbert sich vor zwölf Jahren bei Leuchmadans Hort selbst zum König der Finstervölker erklärt hatte.
  Mich wirst du niemals unterwerfen, Gulbert!
  »Ich verlasse mich auf den Feldherrn, der mir nachfolgt«, erwiderte Gulbert einfach. »Und auf das Feuer des Unkwitt, das die Träume eines jeden, der davon gezeichnet ist, nur dann in Erfüllung gehen lässt, wenn sie umso sicherer in den Untergang führen.«
  Darnamur runzelte die Stirn. Er konnte sich auf Gulberts Antwort keinen Reim machen. Was war da gewesen, in der Höhle des Unkwitt ...?
  »Nun mach schon«, fuhr Gulbert ihn an. »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«
  »Nein«, sagte Darnamur. »Ich werde Euch nicht zu Diensten sein. Was, wenn ich einfach gehe? Wenn Eure Pläne darauf gründen, dass ich Euch einen Gefallen tue, dann habt Ihr auf Sand gebaut!«
  »Sei nicht blöde«, sagte Gulbert. Er wurde plötzlich unfreundlich. »Was bleibt dir für eine Wahl? Die Bitaner sind stark genug, euch in den Boden zu stampfen. Du kannst mich hier erstechen und das Heer der Führung eines verfluchten Königs überlassen. Oder du lässt mich leben. Dann bekomme ich wieder nicht, was ich wollte - aber dafür wird dieses Heer euch unter meiner Führung auslöschen. Eure Stadt verbrennen. Eure Frauen und Kinder massakrieren. Und danach alles jagen, was sich an wildem Volk in den Bergen und in der Ebene versteckt. Du wirst nicht viel Zeit bekommen, deine Genugtuung über mich auszukosten, kleiner Gnom. Also tu, was ich von dir erwarte. Es ist deine einzige Hoffnung, für euer erbärmliches Land zumindest einen kleinen Aufschub herauszuschlagen.«
  Darnamur stand da. Seine Hand zitterte. Gulbert hatte Recht - aber vielleicht auch nicht. Vielleicht gab es eine andere Möglichkeit! Darnamur empfand nichts als Trotz und den Willen, sich zu widersetzen.
  Niemand beherrschte ihn!
  Darnamur war es gewohnt, seine Stärke daran zu messen, was er töten konnte. Was er töten konnte, war schwächer als er. Zum ersten Mal in seinem Leben ging diese Rechnung nicht auf.
  Da öffnete Gulbert den Mund und stieß einen durchdringenden Schrei aus.

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