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18. Kapitel: Die Politik der Elfen

Nach der Ratssitzung erörtern Frafa und ihre Gastgeber am Küchentisch die Eigenarten elfischer Politik. Daran hat sich im Buch auch nichts geändert, nur dass die Szene im ersten Entwurf noch etwas ausführlicher war. Wer also noch mehr zu den Einzelheiten der elfischen Politik hören möchte, und dazu, was Frafa davon hält, der findet es hier.

next07»Genau genommen«, murmelte Barsemias, »haben wir im Augenblick gar keinen Rat.«
  Ledesiel führte es genauer aus: »Der Rat der Ältesten vertritt für gewöhnlich alle Elfen einer Siedlung. Es sind nicht einfach nur die ältesten Elfen oder die mächtigsten Zauberer dort versammelt, sondern diejenigen, die das größte Ansehen und die größte Autorität genießen. Der Rat vertritt das ganze Volk, und darum muss sich auch jede Sippe, jede Fraktion und jeder einzelne Elf darin vertreten fühlen, und das bedeutet, dass jeder wenigstens einen Vertreter im Rat finden muss, den er respektiert, dem er vertraut und dem er bereitwillig folgt. Nur dann ist gewährleistet, dass niemand eine Entscheidung in Frage stellt, die der Rat im Konsens getroffen hat.«
  »Und die Magie ist auch wichtig«, ergänzte Barsemias. »Der Rat der Ältesten umfasst tatsächlich die mächtigsten und die erfahrensten Zauberer. Der Rat muss in der Lage sein, den Wald zu lenken, und er muss sich notfalls gegen den Willen aller anderen Zauberer durchsetzen. Auch das sichert seine Autorität, dass er die Mehrheit aller magischen Macht in der Siedlung in sich vereint.«
  »Und der derzeitige Rat«, schloss Ledesiel, »erfüllt keine dieser Bedingungen.«
  Frafa hörte aufmerksam zu. Das war neu für sie. Sie kannte die Könige und die Edlen der Elfen aus den Geschichten ihrer Jugend, und später waren es schlicht Gulberts Elfen gewesen. Sie musste sich eingestehen, dass sie nicht wusste, wie die Elfen heute ihre Gemeinschaften führten.
  »Der Kampf«, stellte sie fest. »Eine Rakete kam durch und hat viele Ratsmitglieder getötet.«
  ...
Politik. Frafa kannte diese Spiele. Sie hatte sie selbst lange Zeit betrieben, in Aldungans Auftrag und mitunter, vor allem in ihren frühen Jahren, auch in ihrem eigenen Interesse. Doch es enttäuschte sie. Sie hatte von Königen und Fürsten der Elfen gehört, aber nun mit zweien von ihnen am Küchentisch zu sitzen und dem Geschacher zu lauschen, das am Ende auch nicht viel anders ablief als die Politik anderswo, wie sehr die Elfen selbst diese Unterschied auch betonen mochten - das hatte etwas von einem gelüfteten Zauber an sich.
  Und so ging es Frafa immer öfter, seit sie mit den Elfen zusammenlebte. Die vielbeschworene Reinheit der Natur und der Magie - wo war sie geblieben? Frafa hatte stets geglaubt, es müsse einen Unterschied geben zwischen den Naturzaubern der Elfen und ihren eigenen. Aber dieser ganze Wald war ebenso ein magisches Konstrukt wie das meiste, was die Elfen sonst noch aus ihren Pflanzen und Tieren formten. Der Unterschied, wenn man den Elfen lauschte, schien vor allem darin zu liegen, dass Alben der Natur ihren Willen aufzwangen und künstliches Leben schufen, während Elfen das Leben nur lenkten, formten, und in seinen natürlichen Grenzen verbesserten.
  Der Unterschied lag also, nach Frafas Empfinden, vor allem in den Worten, mit denen man das Tun beschrieb. Immer mehr bekam sie das Gefühl, dass sie eine passable Elfe abgeben konnte, wenn sie sich nur ein wenig kulturelle Rhetorik zu eigen machte. Und, paradoxerweise, zugleich verlor sie immer mehr das Interesse daran.
  Sie fühlte sich, als hätte ein weiterer Mythos ihrer Jugend seine Magie verloren.

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