Zwei Ritter sind einer zu viel
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  Jelais stutzte. Im Schatten der vordersten Häuser sah sie Pferde stehen, und nun erkannte sie durch den Regen auch Bewaffnete, die abwartend vor einer der Fischerhütten standen.
  »Was ist das?«, meinte sie ohne Anrede zu dem Praiosritter, und der kniff die Augen zusammen und spähte durch die trübe Morgenluft. Dann fuhr seine Hand zum Griff des Schwertes.
  »Ein halbes Dutzend Berittene! Sie wirken wehrhafter als die Götterfrevler, die wir suchen. Doch vielleicht haben Steinhauer und seine Spießgesellen Verstärkung gefunden!«
  Er winkte seinen Leuten, auszuschwärmen, und die Reiter wichen von der Straße ab und bildeten eine aufgelockerte Linie vor dem Ort.
  »Schleicht Euch vorsichtig an und schaut, mit wem wir es zu tun haben«, flüsterte Gerfried der Elfe zu. »Aber da wir nicht den Schatten der Häuser zur Deckung haben, hätten sie uns schon lange sehen müssen ...«

  »Verzeiht, dass wir die Waffen wider Euch gezogen haben«, entschuldigte sich Gerfried höflich. »Doch haben wir Euch durch den Regen nicht rechtzeitig erkannt.«
  Der Anführer der zweiten Gruppe war gleichfalls ein Ritter des Bannstrahl-Ordens, der soeben mit den einheimischen Fischern geredet hatte und der die Ausführungen seines Ordensbruders mit einer Handbewegung beiseite wischte.
  »Es ist nichts geschehen, Bruder Gerfried. Wir wussten jedenfalls von Eurer Ankunft und haben schon die Boote beschafft, mit denen wir die Reise fortsetzen können. Die Fischerin Hesine kann uns zu der Hütte bringen ...«
  Misstrauisch blickte Ritter Gerfried auf: »Was wisst Ihr von der Hütte?«
  Der andere Ritter zog unwillig die Augenbrauen zusammen. »Wir haben von Eurer Mission und den Vorfällen in Wehrheim gehört, nicht zuletzt durch die Wachen, die Ihr entlang der Reichsstraße ausgeschickt habt. Angar Toberen und sein Besitz sind hier in der Baronie nicht unbekannt, und als wir hörten, dass Ihr selbst mit Euren Leuten an der Dergel hinabzieht, war es nicht schwer, Euer Ziel zu erraten.«
  »Der Herr Inquisitions-Rat hat mir diese Angelegenheit anvertraut«, warf Gerfried scharf ein. »Es ist nicht notwendig, dass Ihr Euch darum bekümmert, Ritter Praiodan.«
  Praiodan senkte seinen Kopf, aber seine Antwort war nicht unterwürfig: »Trotzdem berührt Eure Ermittlungen auch meine Belange: Primo, Ihr bewegt Euch fast auf meinem Lande, und es ist meine Pflicht, Euch Unterstützung anzutragen. Sekundo, wir haben vernommen, dass die gottlosen Frevler einen Kranken aus Wehrheim entführt haben, und wir sehen es als unsere Pflicht an, der armen Seele beizustehen. Und tertio, meine Rechte, gerade bei dieser Art des Verbrechens einzuschreiten, mögt ihr nicht bestreiten.«
  »Nein«, murmelte Gerfried nachdenklich. »Euer Land ist das nicht, Ritter Praiodan Bernfried von Bregelsaum, und angesichts Eurer Verdienste dessen, was ihr jüngst wider die Beschützerin der Nekromanten geleistet habt, kann ich Euch eine gewisse Berechtigung und Befähigung nicht absprechen ...«
  Den zweiten Punkt in der Rede des fremden Ritters sprach er nicht an, doch es war ersichtlich, dass Gerfried eben darüber am meisten grübelte.
  »Doch seid Euch bewusst, dass ich die Führung des Unternehmens inne habe!«, gab er schließlich nach.

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