Alternate Ending
pfeil1

Okay, ganz am Ende war der Roman immer gleich. Doch der “Showdown” im Sumpf, der war in der ersten Version des Romans ganz anders: ruhiger, persönlicher - ein Antiklimax, wie die Testleser fanden. Inzwischen kämpft Praiodan von Bregelsaum mit seinen Leuten bei der Jagdhütte gegen die höllischen Heerscharen. In der ersten Version des Romans hatte der Ritter ein leichteres Leben ...

  Einen Tag später holperte ein Ochsenkarren die Reichsstraße entlang Wehrheim entgegen. Die Gefährten hatten den Wagen für den immer noch angeschlagenen Illusionisten gemietet, aber jede Unebenheit des Weges schlug über die ungefederten Achsen so heftig auf den Reisenden durch, dass Marwan nicht mehr sicher war, ob diese Form der Reise tatsächlich die erholsamste war.
  Sein Kopf schmerzte und ihm war dauernd schwindlig und übel. Damit ging es ihm ähnlich wie Lechdan. Ungeachtet seines kräftigen Körperbaus saß der Verrückte zumeist zusammengesunken am Rande des Karrens. Er klagte über Schmerzen, schrie manchmal auf und klammerte sich am Holz des Wagens fest. Manchmal zerrte er an seinem Gesicht oder an seinen Gliedmaßen, als wolle er sie in andere Formen zwingen.
  Sie hatten dem Wagenführer erklärt, dass sie einen Gemütskranken zurück in die Stadt brachten. Aber der Gefangene war nicht mehr gefesselt, obwohl die beiden Frauen ihn gut im Auge behielten, und so hatte der Bauer nur dann und wann einen abfälligen Blick für seine Passagiere übrig. Der Illusionist fragte sich, ob dem Mann überhaupt der Unterschied zwischen ihm und Lechdan klar war.
  Vor ihnen wurde eine unscheinbare Festung etwas oberhalb des Weges sichtbar, und die Reisenden blickten unbehaglich auf, als mit einem Mal ein halbes Dutzend Reiter durch das Tor hinab auf die Straße sprengten. Drei Bewaffnete und drei Knechte zügelten neben dem Karren ihr Pferde, und Jelais erkannte beunruhigt die Farben den Praiosritter. Weiß und golden glänzten die Gewänder durch den trüben Wintertag, und der Anführer der Schar beugte sich über die beiden Männer auf dem Wagen.
  »Was ist mit denen?«, wandte er sich an die Frauen, die hinter dem Wagen liefen.
  Der Bauer war abgestiegen, hatte sich verbeugt und drehte verlegen einen Hut in der Hand, und Marwan registrierte verärgert, dass er ebenso ignoriert wurde wie der Wagenführer und der Verrückte. Als könnte er nicht selbst für sich sprechen! Andererseits konnte er froh darüber sein, nicht die Aufmerksamkeit eines Bannstrahlritters zu genießen.
  Während Berna noch verlegen um eine Antwort stotterte, ergriff Jelais seufzend das Wort: »Wir bringen einen Gemütskranken zurück in die Obhut der Noioniten nach Wehrheim. Und unser Gefährte verunglückte in den Sümpfen, als wir den Kranken dort gesucht haben«, leierte die Bardin ihre übliche Erklärung herunter.
  Sie wusste nicht, was dieser Praiosritter über die Vorgänge in Wehrheim wusste und welche Schlüsse er zog. Sie konnte nur darauf hoffen, dass er die Geschichte schluckte wie alle anderen, denen sie bislang auf der Straße begegnet waren. Hoffentlich hatte er keinen Kontakt zu dem Praioten, der im Auftrag der Inquisition die Vorgänge um Angar Toberen untersuchte.
  Aber der Ritter horchte plötzlich auf und wandte sich mit neuer Aufmerksamkeit dem Wagen zu. Dabei musterte er ihren Gefangenen so aufmerksam, dass dessen Begleitern das Herz in die Hose sank und selbst Jelais sich ganz unbehaglich wand.
  »Wie heißt denn dieser Kranke?«, fragte der Bannstrahler, ohne seinen Blick von dem Verrückten abzuwenden, der indes ganz betont seine Augen anderswo schweifen ließ.
  »Lechdan ... irgendwas, Babek«, erinnerte sich Jelais.
  Die Augen des Ritters blitzten und er richtete sich auf. Selbst seine Begleiter wurden unsicher, aber der Anführer gab ihnen mit keiner Regung zu verstehen, was an dieser Reisegruppe seine Aufmerksamkeit weckte.
  »Ich bin Jelais, die Bardin - und wie ist Euer Name?«
  Fast widerstrebend sah der Bewaffnete wieder zu der Elfe hin. Dann kam ein Lächeln auf seine Lippen, das unpassend und befremdend wirkte. Nicht ohne Freundlichkeit gab er zurück: »Praiodan Bernfried von Bregelsaum ist mein Name, Vogt der Ehrenburg und zweiter Sohn des Barons von Königsweber.«
  Er blickte wieder zu Lechdan hinüber: »Es ist sicher ein praiosgefälliges Werk, wenn ihr die Ordnung wiederherstellt und diesen Kranken an seinen Platz zurückführt. Und wenn auch nicht jeder Diener Praios zu Lebzeiten den Lohn für seine Demut erwarten kann - die Ratschlüsse des Gottes stehen über den menschlichen Erwägungen -, so sollt ihr doch einen Lohn empfangen!«
  Er winkte einen Knappen heran und ließ sich einen Beutel geben, den er Jelais zuwarf. Die Elfe warf einen Blick hinein und sah Silber und auch ein wenig Gold glänzen. Voll ungläubigen Staunens sah sie zu dem Ritter empor, aber der lächelte sie an, obwohl Bitterkeit in seinen Blick kam. »Das Geld sollte euch eine angemessene Reise nach Wehrheim erlauben, und Unterkunft für euch und eure Pfleglinge. Auch mein Vater mag ... Nein, sicher nicht!«, unterbrach Praiodan sich selbst. Er blickte von seinen Leuten auf die Reisenden, schien noch etwas sagen zu wollen, schüttelte dann aber den Kopf. »Praios möge mir meine Unzulänglichkeit vergeben. Ich werde Buße tun.«
  Damit ließ er die Zügel locker und lenkte sein Pferd in raschem Trab zurück zu der Festung. Seine Begleiter blickten erstaunt, folgten dann aber.
  Auch die Reisenden, der Wagenführer eingeschlossen, blieben irritiert auf der Straße zurück. Nach einigen Minuten, die sie unschlüssig verharrten, setzten sie endlich langsam ihren Weg fort.
  »Was war das denn?«, fragte sich Jelais überrascht. »Verstehe ich euch nicht - oder sollten wir alle Menschen bei den Noioniten unterbringen?«
  Aber Berna wusste keine Antwort darauf.
  Nur Marwan zeterte vom Wagen her empört und vergaß Heiserkeit und Kopfweh: »Hat er Pfleglinge gesagt? Unverschämtheit! Wir haben nur von einem Verrückten gesprochen, von einem, das muss er doch verstanden haben ...«

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